Sektionsredner
Steffi Schadow, M.A. (Frankfurt am Main) - Curriculum Vitae
Kant über moralisches Handeln
Abstract
Ein wesentlicher Bestandteil einer jeden Theorie der Moral ist eine Klärung des Verhältnisses zwischen Gründen und Motiven. Die betreffende Diskussion wird seit einiger Zeit unter dem Stichwort „Externalismus versus Internalismus“ geführt. Dabei fällt erstens auf, dass die Ethiken so prominenter Vertreter wie die von Kant und Hume in dieser Debatte immer wieder als gegensätzliche Theorien aufgeführt werden. Zweitens ist bemerkenswert, dass sowohl Internalisten als auch Externalisten Kants Ethik als Referenz für die eigene Theorie ausweisen. Diese Sachlage geht meiner Ansicht nach nicht zuletzt auf ein unzureichendes Verständnis der kantischen Position zurück. Diesem Desiderat möchte ich in meinem Vortrag nachgehen.
Ich möchte in meinem Vortrag für die These argumentieren, dass Kants Ethik als eine Theorie der rationalen Motivation zu verstehen ist, die zeigt, dass es sich bei moralischen Überzeugungen um Grundsätze handelt, die eine Handlung sowohl (objektiv) rechtfertigen als auch (subjektiv) erklären. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Kritik an Theorien rationaler Motivation schon immer auf ein besonderes Verständnis der Reichweite rationaler Überlegungen im Handeln zurückgeht (C. Korsgaard), möchte ich die praktische Ausrichtung moralischer Überzeugungen in Kants Handlungstheorie in den Mittelpunkt meiner Argumentation stellen. Ich werde zeigen, dass es der kantische Maximenbegriff ist, mit dem die immer wieder betonte Diskrepanz zwischen der Objektivität moralischer Forderungen und dem subjektiven Charakter der Motivation überbrückt werden kann. Es wird gezeigt, dass Maximen nach Kant als praktische Überzeugungen verstanden werden können, in denen sich eine Pro-Einstellung des Subjektes ausdrückt. Damit enthalten sie bereits jenes „volitionale Moment“, das moralische Überzeugungen von Einsichten theoretischer Natur unterscheidet (D. Birnbacher). Ich werde darstellen, dass dieser willensbezogene Aspekt im Handeln nach Maximen sich in der Fähigkeit zeigt, seine Handlungen durch selbst auferlegte Regeln rational zu strukturieren. Diese Fähigkeit ist nicht nur das auszeichnende Merkmal der Freiheit eines endlichen Vernunftwesens, sondern, wie ich zeigen möchte, auch die unverzichtbare Grundlage für moralisches Handeln. Ausgehend von der kantischen These, dass Moralität nur dann verwirklicht wird, wenn sich ein Subjekt ein objektives Prinzip zum (subjektiven) Grundsatz seines Handelns macht, werde ich darstellen, dass sich der hiermit beschriebene Prozess der Herausbildung moralischer Maximen mit Bezug auf Kants Theorie der moralischen Motivation erschließt. Unter der Voraussetzung, dass moralische Motivation nicht in erster Linie als Motivation zu moralischen Handlungen, sondern zu moralischen (gesetzestauglichen) Maximen zu verstehen ist, möchte ich in Auseinandersetzung mit Kants Argumentation im „Triebfedernkapitel“ der Kritik der praktischen Vernunft untersuchen, inwiefern das moralische Gefühl der Achtung als sittliches Motiv die Herausbildung moralischer Maximen befördert und darüber hinaus auf einer zweiten Stufe zum Handeln nach diesen Maximen bewegt. Schließlich möchte ich auf diesen Analysen aufbauend eine Lesart des kantischen Maximenbegriffs anbieten, die es erlaubt, Maximen als diejenigen Einstellungen eines Subjektes zu verstehen, die eine Handlung sowohl (motivational) erklären als auch (rational) rechtfertigen. Darin, dass man moralisches Handeln mit Kant als ein Handeln nach objektiven Forderungen aus subjektiven Grundsätzen verstehen kann, zeigt sich, dass die im Streit zwischen Internalisten und Externalisten vorausgesetzte Gegenüberstellung von objektiven/rationalen Gründen einerseits und subjektiven/emotionalen Motiven andererseits zu überdenken ist.
Curriculum Vitae von Steffi Schadow, M.A.
- Bis 2004: Philosophie/Alte Geschichte (Humboldt-Universität zu Berlin). Abschluss: M.A.
- Moralische Motivation bei Kant (Frankfurt/M.)
- Frankfurt/M.
- Kants Moralphilosophie
- Moralpsychologie
- 2004: Wissenschaftliche Mitarbeiterin
- i. Vorb.: Art. "Handlung", "Handlung, gute/böse", "Handlung, freie" u.a., erscheint in: Georg Mohr/Jürgen Stolzenberg/Marcus Willaschek (Hg.), Kant-Lexikon in drei Bänden, Berlin: de Gruyter, vorauss. 2009