Sektionsredner
Judith Benz-Schwarzburg (Tübingen) - Curriculum Vitae
Personale Rechte für Menschenaffen und Delphine? Bedingungen einer gelungenen Integration kognitiver Fähigkeiten von Tieren in tierethische Argumentationen
Abstract
Das Paper steht vor dem Hintergrund zweier übergeordneter Leitfragen: Verfügen manche Tiere über kognitive Fähigkeiten, die lange allein dem Menschen zugesprochen wurden (wie etwa Kultur und Sprache)? Und wenn ja, was bedeutet es für unseren Umgang mit Tieren, wenn solche Fähigkeiten nicht exklusiv menschlich sind und damit eine auf ihnen basierende Trennung von Mensch und Tier problematisch geworden ist?
Die Diskussion um eine mögliche kognitive Kontinuität zwischen Mensch und Tier ist vor dem Hintergrund der Darwinschen Evolutionstheorie und der engen genetischen Verwandtschaft des Menschen mit anderen Säugetieren zu verorten. Seit der Entstehung der Kognitiven Ethologie in den 1980ern hat die Forschung der letzten 20 Jahre viele neue Ergebnisse zur Kognition der Tiere geliefert. Diese gilt es zusammenzufassen und einer philosophischen Interpretation zugänglich zu machen.
Zunächst werden ausgewählte Beispiele für aktuelle Forschungsergebnisse zur Frage nach kognitiven Fähigkeiten bei Tieren kurz dargestellt, hier wird bereits der Schwerpunkt auf Menschenaffen und Delphinen liegen. Es wird dafür argumentiert, dass Anhand des aktuellen Forschungsstandes zum Geist der Tiere davon auszugehen ist, dass viele Tiere über Bewusstsein verfügen und manche sogar über Selbstbewusstsein und höhere kognitive Fähigkeiten, wie sie in Kultur und Sprachverständnis zum Ausdruck kommen. Von dieser Basis aus wird diskutiert, ob aufgrund der aktuellen und zunehmenden Forschungsergebnisse ethische Implikationen zu erwarten sind.
Menschen haben, so könnte man annehmen, deswegen Rechte (und Pflichten), weil sie selbstbewusste Lebewesen mit komplexen kognitiven und emotionalen Fähigkeiten sind und ihnen deshalb Personenstatus zukommt. Ist es möglich, dass auch manche Tiere wie Personen sind und ihnen entsprechende Rechte eingeräumt werden sollten? Hier wird die Argumentation des von Peter Singer und Paola Cavalieri vorangetriebenen und von vielen Primatologen weltweit unterstützen Great Ape Projects beleuchtet, welches basale Menschenrechte für Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans einfordert. Hinzugezogen wird die entsprechende Forderung für Delphine, wie sie jüngst von dem amerikanischen Philosophen Thomas White formuliert wurde. Einleuchtende und problematische Aspekte solcher Forderungen werden herausgestellt, um daran Bedingungen für eine gelungene Integration kognitiver Fähigkeiten von Tieren in die Tierethik deutlich zu machen. Diese wird wesentlich davon abhängen, sich nicht auf eine Dichotomie zwischen kognitiven Fähigkeiten und Leidensfähigkeit einzulassen, wie sie Benthams berühmte Aussage dazu, worauf es in der Tierethik ankomme, andeuten mag: „the question is not, Can they reason? Nor, Can they talk? but, Can they suffer?“ (Jeremy Bentham (1789) in seiner "Introduction to the Principles of Morals and Legislation"). Abschließend wird deshalb aufgezeigt, dass Kognition und Leidensfähigkeit in ihrer Bedeutung für unseren praktischen Umgang mit Tieren eng zusammenhängen.
Curriculum Vitae von Judith Benz-Schwarzburg
- Bis 2005: Germanistik, Philosophie und Ethik (Eberhard Karls Universität Tübingen). Abschluss: Staatsexamen
- Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Mensch und Tier: Kognitive Fähigkeiten bei Tieren und ihre ethische Relevanz für das Mensch-Tier-Verhältnis (Tübingen)
- Tübingen